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Der nächste Termine in der Erwachsenenbildung:

 

Forum Pallotti in Vallendar

 

11. bis 14. April

Malwerkstatt Aqurell

 

20. - 23. Juni

Kalligraphiewerkstatt

Bourguignonne

 

Anmeldung:

Forum Pallotti

 

Pallottistr 3 · 56179 Vallendar · 0261 6402250

 

Der nächste Termine im Schinderhannesturm:

Hunsrück-Museum Simmern

Hunsrücker Volksbildungsverein e. V.

 

Kalligraphie im Turm

Sechs Samstage 2024

Die Kunst des schönen Schreibens mit dem

Goldschreiber und Diplom-Designer Andreas Armin D´Orfey

in Simmern im Schinderhannesturm. Turmgasse 8, 55469 Simmern/Hunsrück

(Anfahrt über den Schinderhannesplatz!)

Das Jahresthema sind Schreibschriften: Cancellaresca, Deutsche Kurrent, Spanische Schrift und Englische (Anglaise), Französische und Italienische Schreibschriften. Der Kurs ist für Anfänger und Fortschreitende geeignet. Herzlich willkommen!

 

3. Februar

2. März

6. April

5. Oktober

9. November

7. Dezember

 

Mitzubringen: Schreibfedern Spitz - und Breitfedern, Federhalter, Tinte, ein Stück Tuch, Kalligraphiestifte oder Füller,

Schreibpapier: Schreibhefte oder Kollegblock, liniert oder kariert

 

Samstag 9.00 - 12.00 (Mittagspause) 14.00 -17.00 Uhr

Kurs-Kosten pro Samstag 56,- €

Anmeldung: bei Andreas Armin d´Orfey

06761 964 83 20 oder dorfey@t-online.de

 

 

 

 
dOrfey_Aquarello 2024-1_digital.pdf
PDF-Dokument [128.3 KB]
Flyer Unikat Buch 2024.pdf
PDF-Dokument [1.8 MB]

Ein Neuer Film von unserer Orgel in Augsburg:

 

https://www.youtube.com/watch?v=_J1uFfQpltE

Artikel - Veröffentlichungen - Texte

Rekonstruktionszeichnung „Paule Miehl“ bei Mutterschied Flur: „An der Altmihl“. Das Mühlrad hatte einen Durchmesser von ca. vier Metern. Der Wasserzulauf auf das Rad betrug 50 Liter pro Sec. Leistung: 1,3 Kilowatt =1,77 Ps. © Kunst im Licht

 

Artikel für den Rhein-Hunsrückkalender 2010

 

Der Mühlenstreit von Mutterschied

 

Ein Beitrag zur Hunsrücker Mühlengeschichte nach 1803

 

Andreas Armin d´Orfey

 

  1. Zeit für Neue Mühlen

In der französischen Zeit wurde 1811 das Bannrecht abgeschafft, das die Bauern auf eine, von Landesherrschaft vorgegebene, Mühle verpflichtete. Mit dem Wiener Kongress wurden jedoch die alten Verhältnisse vielerorts wieder hergestellt. Der Hunsrück wurde nach dem Wiener Kongress preußisch, bis auf das Birkenfelder Land, das zu Oldenburg geschlagen wurde. Das Königreich Preußen hatte jedoch, durch die Reformen des Freiherrn von Stein, bereits 1810 den Mühlenbann abgeschafft. Jedermann durfte nun ungebunden mahlen lassen, wo und bei wem er wollte. Auch die Zünfte wurden abgeschafft, die neue Gewerbefreiheit griff nun auch im 1817 preußischen gewordenen Rheinland.

 

Auf bis zu 800 Mühlen schätzte man am Beginn des 20. Jahrhundert die Anzahl der Mühlen allein im gesamten Hunsrück (einschließlich der Flusstäler). Ganz so unrealistisch ist die Zahl nicht. Schauen wir uns die vielen Bachläufe des Hunsrücks, zum Rhein, zur Nahe, zur Saar und Mosel hinunter an, mit ihren zahlreichen kleineren Zuläufen.

 

Wanderten wir in alter Zeit mit den Müllern durch das alte Simmerner Mühlenviertel mit seinen vielfältigen Mühlen, wie es nach der Zerstörung von 1689 entstanden war, die Mühlengasse hoch, vorbei an der Neumühle, zur Weirichsmühle hinauf zum Oberlauf der Simmer, bis nach Wiebelsheim und Laudert, so finden wir zahlreiche Mühlen. Jedes Dorf hatte mindestens eine Getreidemühle. Sie liegen an der Simmer oder an den hinzufließenden Bächen. Bekannt ist die Eselsmühle („Hammese Miehl“ genannt) von Altweidelbach, die in einem Seitental gelegene Wahlbacher Fuchsmühle, die Weißmühle (=Weizenmühle) in Pleizenhausen, oder die Klumpenmühle bei Bergenhausen. Heute sieht das ganz anders aus. Oft stehen die eigentlichen Mühlengebäude gar nicht mehr, nur die Wohnhäuser und landwirtschaftliche Anwesen sind erhalten. Viele Mühlen sind ganz verschwunden und nur die verschütteten Mühlenteiche weisen noch auf die Mühle hin. So die Mutterschieder Martinsmühle im Rinkenbachtal und die Mutterschieder Gesellschaftsmühle.

Die ersten zwei Jahrzehnte nach 1817, unter preußischer Herrschaft, waren auf der Hochfläche des Hunsrücks, wie in vielen ärmeren Regionen, nicht von großen Erfolgen gekrönt. Wetterkapriolen in den 30er Jahren führten zu Ernteausfällen. Sommer verwandelten sich in Winter und der eigentliche Winter fiel aus: ein Mutterschieder notiert für den Januar 1835 „… die Blumen im Garten haben geblüht und man konnte grünes Futter holen…“ Es kam in der Folge zu Hunger und Elend. Das 1797 begonnene „Berichtsbuch“ der Gemeinde Mutterschied berichtet von schmerzlichen Holzverkäufen: Eichenstämme aus dem Soonwald, die verkauft werden mussten, um aus den königlichen Kornkammern Preußens Getreide zu kaufen. Erst mit den 40er Jahren scheinen sich die Reformen, darunter die Gewerbefreiheit, endlich stärker auszuwirken. Überall entstehen Werkstätten und Betriebe. In dieser Zeit werden vielerorts neue Mühlen gebaut.

An Hand des Kleinen Hunsrückdorfes Mutterschied wird beispielhaft deutlich, was sich in dieser Zeit veränderte und wie stark der Aufbruch war.

 

Eine 1816 begonnene Liste mit Bürgern von Mutterschied nennt den Müller: „…1828 am 24ten April Paul Martin in die Gemeinde gethan…“ Der Müller Paul Martin plant 1841 eine neue Mühle zu bauen. Offiziell heißt sie Martinsmühle. Manche Hausnamen wurden früher von Vornamen abgeleitet und so entstand im Dorf die Bezeichnung „Paule Miehl“, die bis heute gebräuchlich ist.

 

Am 10. April 1841 lesen wir im „Öffentlichen Anzeiger“ der Königlichen Regierung in Coblenz eine Anzeige mit dem Aufruf zum Widerspruch:

„Der Paul Martin beabsichtigt auf seinem Eigenthume im Distrikt „bei der alten Mühle“ an der Rünkenbach, im Banne Mutterschied und zwar auf der Pazelle Flur VII. Nro 271, eine oberschlächtige Mühle zu erbauen, und das zum Betriebe nöthige Wasser mittels eines Teiches aus dem Rünkenbach zu entnehmen. Alle diejenigen, welche durch diese Anlage ihre Rechte verletzt glauben, werden hiermit eingeladen, ihre desfälligen Einsprüche in einer peremtoischen Frist von drei Wochen hier anzumelden

Simmern, den 21. März 1841

Der Bürgermeister Thüring“

(LHAK Bestand 441, 14698)

 

Paul Martin beantragt den Neubau auf dem Flurstück: „An der alten Mühle“. Das weißt eindeutig auf einen Standort, an dem bereits eine Mühle bestanden hatte. Sicher eine alte pfälzische (simmerische) Bannmühle, die, so wird vermutet, wohl auch noch Bestand hatte. Der Mutterschieder Willi Berg (+ 2002), nannte als anzunehmendes Baujahr der alten Mühle, das Jahr 1700. Leider sind aus jener Zeit alle Berichte verloren. Das Mutterschieder Berichtsbuch von 1797 beschreibt: Soldaten der französischen Armee „zerrissen und vernichteten“ alle Gerichtsbücher „vor Martini 1795). Bei Frauenberger finden wir in einer Liste von Einwohnern im Oberamt Simmern im Jahre 1599 in Mutterschied einen Müller: Franz Mutterschieder.

 

 „Coblenz den 12ten November 1842

Verhandlung über den Befund der neuen Mühlenanlage der von dem Müller Paul Martin zu Mutterschied neu erbauten Mühle in dem Distrikt alte Mühle genannt, derselbe durch den Königlichen Bauinspector vorgenommen und deren Anlage dem anliegenden, genehmigten Situationsplan in allem übereinstimmend mithin als plan- und concessionsgemäß ausgeführt befunden worden, wurde die gegenwärtige Verhandlung hierüber aufgenommen, von dem genannten Mühlenbesitzer anerkannt und unterzeichnet

 

Paul Martin

 

Der Königliche Bauinspector Lassaulx

 

 

Der Plan zur Anlage in Mutterschied, nebst Erläuterung, ist in Koblenz im Landeshauptarchiv erhalten (LHAK Bestand 441, Karte Nr. 14698 von 1841). Beschrieben ist der Plan wie folgt:

KARTE von dem Districte bei der alten Mühle in der Gemeinde Mutterschied, wo selbst Paul Martin aus Mutterschied eine Mühle zu erbauen beabsichtigt. - Maßstab 1:1250 Aufgenommen im März 1841 durch den Wertmeister Goebel.

 

Der in der Planung gezeigte Mühlenteich zweigt Wasser vom Rinkenbach ab und führt es oberhalb des Bachlaufes etwa 500 m weit in ein Sammelbecken. Von dort wurde das Wasser über eine Hölzerne Rinne zum Mühlrad geleitet. Die Mühle mit dem Radschacht war ca. 15 Meter vom Teich entfernt und lag um einiges unter dem Wasserspiegel. So konnte das Wasser von Oben in das Wasserrad geleitet werden. Man spricht im Mühlenbau von einem „Oberschlächtigen Wasserrad“. Diese Technik ist die ältere und geht auf die Antike zurück. Später gab es Wasserräder die mittelschlächtig betrieben wurden. Unterschlächtige Wasserräder waren für den direkten Betrieb um Bachlauf zu gebrauchen und konnten bei Hochwasser gehoben werden.

 

Bei einer Besichtigung 2001, war der Radschacht aus Schieferbruchstein noch so gut erhalten, dass man auf die Maße des Wasserrades schließen konnte. Das Mühlrad hatte demnach einen Durchmesser von ca. vier Metern. Ein zeitnah, 1840, entstandenes, gleich großes Oberschlächtiges Wasserrad aus dem rechtsrheinischen Hessen, läuft heute im Deutschen Museum in München. Der Wasserzulauf eines solchen Rades wird genau so ausgesteuert dass exakt 50 Liter pro Sekunde auf das Rad kommen. Damit erreicht man eine Leistung von 1,3 Kilowatt. Das entspricht 1,77 Pferdestärken. Um den Mahlbetrieb zu gewährleisten, braucht es also eine Wassermenge von 180.000 Litern (= 180 Hektolitern) in der Stunde. Das Mahlen war immer auch eine logistische Meisterleistung, alles musste so geplant und hergerichtet sein, dass die Arbeit flott von Statten ging.

 

Nun mag man denken, die Leistung von 1,3 Kilowatt ist doch recht wenig. Beim Mahlen kommt es aber nicht auf die maximale Nutzung der Wasserkraft an, sondern es geht um eine gleichbleibende, ruhige, kraftvolle Drehbewegung. Jede Unwucht könnte das empfindliche Mahlwerk oder auch das Wasserrad zerstören.

Deshalb ist auch die Drehbewegung des Rades recht langsam, ein Umlauf dauert ca. 20 Sekunden. Das Gewicht eines solch großen Rades beträgt im Nasszustand leicht 1000 kg, also eine Tonne. Schaut man sich den kleinen Bachlauf an, so kann man gar nicht glauben, wie so etwas gehen soll. Aber das wird durch den Zulauf über den Mühlenteich erreicht. Der Kanal und das Sammelbecken sind in der Landschaft bis heute noch kenntlich.

 

 

  1. Der Mühlenstreit

Es waren 12 Jahre vergangen, seit der Neuanlage der Martinsmühle, als sich Bauern aus Mutterschied zusammentaten und unter der Leitung von Peter Paul Auler eine Genossenschaft gründeten, mit Ziel und Zweck, eine „Mahl-Mühle“ zu erbauen und genossenschaftlich zu betreiben. Zunächst musste der Rat der Gemeinde befragt werden, denn ohne Hilfe von der Gemeinde Mutterschied hätte das Projekt nicht ausgeführt werden können. Das Sitzungsprotokoll vom 22. März 1853 ist in den Berichtsbüchern der Gemeinde erhalten. Geleitet wurde die Sitzung von Peter Joseph Rottmann, dem zuständigen Bürgermeister von Simmern, die Dörfer waren zu der Zeit noch nicht alle selbstständig. Die Gesellschaft (wie sie sich hier nennt) fragt die Räte an, um Land und um die Erlaubnis im Mutterschieder Steinbruch, Steine brechen zu dürfen.

 

Der Gemeinderat steht dem Projekt wohlwollend, aber nicht positiv um jeden Preis gegenüber. Zwar wird der Gesellschaft Land in Distrikt Herzefeld (Flur VII) zugewiesen, aber um zu verhindern, dass die Genossen dem Paul Martin das Wasser abgraben, legten sie ein geringeres Maß als wohl ursprünglich geplant, nämlich „nur 17 Zoll“ (44,46 cm, 1 preußisches Zoll = 2,615 cm) für die Breite des Mühlenteiches fest.

 

„… Aus diesen Gründen beschließt der Gemeinderat wie folgt:

1. Es soll dem Pet. Paul Auler und Genossen das in Anspruch genommene Gemeindeland zur Teichanlage im Ganzen ca. 30 Quadratruten, (knapp 426 qm, 1 rheinisch-preußische Qr = 14,185 qm) die Rute zu 8 Groschen.

 

Der Gemeinderat sieht hierin keinen Nachteil für die Gemeinde Mutterschied. Ganz im Gegenteil, gerade wenn es um den Steinbruch ging: „…in Erwägung das der Steinbruch verschüttet und für niemanden nützlich ist…“. Und weiter:

 

2. Es soll der Gesellschaft gestattet sein, die zum beabsichtigten Mühlenbau erforderlichen Steine in dem Gemeindesteinbruch gratis zu entnehmen, dagegen denselben gehörig aufzuräumen und denselben in einen Stand zu stellen, dass er fort benutzt werden kann.“

 

Und weil der Steinbruch dadurch wieder betriebsfertig werden sollte, beschließen Bürgermeister Rottmann, (Vorsteher) Schöffe (Peter Paul) Berg, sowie die Verordneten Vogt, Peter Reuther, Peter Wald I. und Christoph Berg:

3. Es soll für die Folge jedem Einwohner von Mutterschied gestattet sein, zu seinem eigenen Bedarf im fraglichen Steinbruche Steine unentgeltlich zu brechen.“

 

Damit war der Weg frei für ein Genehmigungsverfahren bei der Königlichen Regierung in Koblenz. Auch diese Planung ist im Landeshauptarchiv erhalten. Es kam zu Bedenken auch von Seiten Paul Martins, dahingehend, dass die Genossen zu viel Wasser entnehmen könnten und es zu Störung seines Mühlenbetriebes kommen könnte.

 

Die Planung und Ausführung der Gesellschaftsmühle wurde deshalb von Simmern und Koblenz genau beobachtet.

 

Auf den 14. März 1853 datiert das Gesuch des Peter Paul Auler und Genossen zur Errichtung einer Genossenschaftsmühle oberhalb der Mühle des Paul Martin. (In der Anlage ein Plan)

Bei der Bauabnahme durch den Kreisbaumeister stellte sich jedoch heraus, dass man sich nicht genau an die Vorgaben gehalten hatte. Der Königliche Baumeister des Kreises  Simmern, Bormann, stellt am 13. Mai 1854 fest: „…dass das Wehr nicht an der im Plan vorgesehenen Stelle, sondern 21 Ruthen (1 preußische Rute = 3,76 m, also 78,96 m) davon entfernt, auch um ½ Fuß (1 preußischer Fuß = 31,385 cm, also ca. 15,7 cm)höher, als vorgesehen...“

Bürgermeister Rottmann wird erneut ersucht, „…sämtliche Interessen über die Ausführung protokollerisch zu vernehmen...“

Am 6. Juni 1854 kommt es zu Einwänden von Paul Martin wegen der Höhe und der baulichen Beschaffenheit der Wehre.

 

Erneut musste ein genauer Plan vorgelegt werden. Die Legende lautet: „Situations und Nivellements Plan über den avisierten und ausgeführten Neubau einer Mahl Mühle auf dem Banne von Mutterschied, oberhalb der Mühle des Paul Martin, durch Peter Paul Auler und Genossen alle aus Mutterschied. Aufgenommen und gezeichnet von Chr. Huhn Wertmeister in Cülz im August 1854.“ (LHAK, Bestand 441, Karte 14757 von 1854)

 

20. August 1854: „…Peter Paul Auler und Genossen aus Mutterschied, haben auf Flur 7. Grundstück 248, genannt Hirzenfeld, eine Oberschlächtige Mahlmühle mit einem Gang und Wasserrad ganz neu erbaut…“

Gezeichnete Bürger:

Kist, Schreiber, Berg, Dupont, Lütger, Auler, Martin, Hermann, Ludwig, Braun, Müller

 

Nach der Vorlage der neuen Pläne, erfolgt eine Baubesichtigung vor Ort mit folgendem Ergebnis: „…Mutterschieder Gesellschaftsmühle den 18ten Juni 1855. Die Anlage entsspricht nicht den Plänen. Anwesend ist der kontrollierende Königliche Baumeister des Kreises Simmern Bormann und die Genossen: Peter Paul Auler, Michael Litger, Friedrich Jacob Ludwig, Paul Braun, Müller, Christoph Herman, Martin Dupont, Adam Kist…“

 

Die Gebührenrechnung der Königlichen Regierung folgt. Die Königliche Preußische Regierung Koblenz schreibt, betreffend Genossenschaftsmühle Mutterschied:

Montag den 13ten July 1855, Königlicher Landrath zu Simmern

Der Kreisbaumeister Bormann zu Simmern hat uns mit Verhandlungen über die am 18then vom Monat statt gehabte Setzung eines Merkpfahls an der Mühle des Peter Paul Auler und Genossen zu Mutterschied; auch die Liqudation der Gebühren eingereicht, welche ihn für die 2te Untersuchung dieser Mühle zustehen. Nachdem solche revidiert und 2 f 20 Sgl (2 Taler, 20 Silbergroschen) festgestellt worden ist, laßen wir ihnen dieselbe anliegend unter Bezugnahme auf unsere Verfügung v. 23ten November vergangenen Jahres A II N 1946 mit der Weisung zu gehen, dem P. Auler und Genossen die Zahlung auszugeben und den H. Bormann von der Zahlungsafforderung in Kenntnis zu setzten.

 

Königliche Regierung Abthlg A. (LHAK, Bestand 441, A VII 11.1085)

 

Nachdem der Kreisbaumeister zu zweiten male feststellten musste, dass anders gebaut worden war als geplant, wurde der Betrieb der Mühlenanlage nicht genehmigt. Erneute Versuche, die Gesellschaftsmühle in Betrieb nehmen zu dürfen, scheinen nichts gebracht zu haben. Die fertig gebaute Anlage scheint nie offiziell in Betrieb gewesen zu sein. In der Hunsrücker Zeitung findet sich 24 Jahre nach der oben genannten Gemeinderatssitzung folgende Meldung:

„Mühlenversteigerung, Montag, den 5. November Mittags 1 Uhr wird bei Jacob Gutenberger die Gesellschaftsmühle nebst Bau, Mahlwesen, Mahlsteinen und Kasten gegen Zahlungsausstand versteigert. Sämtliche Gegenstände sind noch in gutem Zustande.

Mutterschied, den 17. Oct. 1877. Die Mühlengesellschaft.“

Der Ort, wo die Mühle stand, ist heute bewaldet. Nichts erinnert mehr an den Mutterschieder Mühlenstreit.

 

 

  1. Mühlensterben

Mitte des 19. Jahrhunderts standen die lokalen Mühlen noch in voller Blüte. Wirtschaftlich ging es den Müllern gut. Technisch waren sie gut ausgestattet. Doch gegen Ende des Jahrhunderts veränderten sich die Vorzeichen. Die deutschen Eisenbahnen werden ausgebaut. Es entsteht eine Transportgesellschaft. Straßen werden gebaut. Großmühlen, von modernen effizienten Turbinen angetrieben, treten auf den Plan. Im zweiten Viertel des 20. Jahrhunderts ist es vielerorts nicht mehr notwendig, das Getreide vor Ort zu mahlen. Die alten Mühlen stehen leer. Anfangs macht man noch seinen Strom selbst, wie die Familie Hammes auf der Altweidelbacher Eselsmühle berichtete. Später wurden mehr und mehr Mühlen nur noch landwirtschaftlich genutzt. Die Mutterschieder Martinsmühle erlitt das gleiche Schicksal. Am Ende lebte noch eine Enkeltochter Pauls allein auf der Mühle: „Paule Änni“.

Das Haus, die Mühle, die Scheune zerfielen.

 

 

Kehren wir noch einmal zurück zur Martins Mühle, zusammen mit einem Mann, der sich am 24. November 2004, von London kommend, aufgemacht hatte, die Spur seines Vorfahren aufzunehmen. Rod Martin aus London, mit Sohn Bruce, sind direkte Nachkommen des Georg Martin. Er war am 21. Juli 1838 in Mutterschied geboren und als Bäcker als 30jähriger, zwischen 1865 und 1870 nach London aufgebrochen, um sich dort selbständig zu machen. Es ist die Zeit Königin Viktorias I. von England, aus dem Hause Hannover, deren Mutter Deutsche war und deren Mann, Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, alles Deutsche in England salonfähig machte. Eines wurde in der Aristokratie und im Bürgertum Londons besonders geschätzt: Deutsche Backwaren. 166 Jahre später stehen der Urenkel und sein Sohn vor den Trümmern der Martinsmühle. Nur noch im Kartenwerk, so im großen Jubiläumsatlas des ADAC 2001, ist die Martinsmühle noch verzeichnet.

 

  1. Ein kleiner Blick nach vorn

Am 27. 4. 2009 war in „e-bay“ wieder mal ein großes Wasserrad angeboten, das zeigt, dass es Menschen gibt, denen die alte Mühlentechnik am Herzen liegt. Vielerorts, wie in Niederkumbd, wird die örtliche Mühle von Heimatvereinen gepflegt. Möge das auch weiter so sein!

Als ich vor fast 30 Jahren über die Nutzung der Windkraft auf dem Hunsrück schrieb, (Hunsrücker Heimatblätter 51, 1981 – s. www.schnorbach.de) verwies ich am Schluss nicht nur auf den Erhalt historischer Anlagen, sondern lenkte auch den Blick auf die Zukunft der Windenergie. Die Nutzung der kinetischen Energie des Wassers sollte uns in nächster Zukunft wichtig sein! Erste Modellversuche mit neuartigen Turbinen für langsam fließende Gewässer in Rheinland-Pfalz laufen bereits. Vor 30 Jahren wurde ich als Hunsrücker Junge mit Windkraftideen belächelt. Heute steht das Land voll mit Windkraftanlagen. Vielleicht sind wir mit der Wasserkraft in wenigen Jahrzehnten auch so weit. Erst wenn wir alle Quellen der erneuerbaren Energien unserer Heimat nutzen, sind wir auf einem klugen Weg in die Zukunft.

Vom Wasser können wir lernen, singt schon Wilhelm Müller (1794-1827) in seinem bekannten Volkslied: „Das Wandern ist des Müllers Lust…“

„…Vom Wasser haben wir´s gelernt … das Wasser…das hat nicht Ruh´ bei Tag und Nacht, ist stets auf Wanderschaft bedacht…das Wasser!...“

 

 

A. d´Orfey 2009